Vortrag 2

 

Die empathische Suche

nach der Definition von "Empathie"

 

Missverständnisse als Chancen erkennen,

sich gemeinsam immer empathischer verstehen zu lernen

 

 

Realitätenkellner: Olaf Jacobsen

Termine: 10.7. Kö / 14.7. Kö / 24.7. Ka / 1.8. Ka / 7.8. Kö / 11.8. Kö / 21.8. Ka /

                 28.8. Ka / weitere Infos siehe Terminkalender

Teilnahmegebühr: Wähle die Höhe deiner Teilnahmegebühr selbst und werfe sie anonym in die Kasse vor Ort.

(Richtwert: zwischen 5,- und 20,- € pro 60 Min., kann gerne auch unter- oder überschritten werden, je nach deiner finanziellen Lage und Werteinschätzung der Veranstaltung. Teilnehmende mit hohem Einkommen oder Vermögen bitten wir, sich tendenziell am oberen Richtwert zu orientieren.)

Obergrenze: maximal 25 Personen (Köln), 35 Personen (Karlsruhe), bitte anmelden

Voraussetzung für die Teilnahme:   keine

 

 

Kurze Zusammenfassung des Inhalts:

Zuerst gab es die Körper- und Zeichensprache. Entsprechend zu unserer Körper- und Zeichensprache gaben wir bestimmte Laute von uns. Irgendwann im Laufe der Evolution entwickelte sich dann unsere menschliche Sprache daraus, mit der wir heute hauptsächlich kommunizieren.

Die Sprache ist aber kein "natürlicher Instinkt", sondern wir müssen sie im Laufe unseres Lebens erlernen und passen uns damit unserem gegenwärtigen Umfeld an - d. h. wir lernen die Sprache, die unser Umfeld spricht.

Unsere Eltern zeigten uns verschiedene Objekte und gaben uns die Bezeichnung dazu ("Das ist ein Aauutoo").

So lernten wir, den Objekten entsprechende Begriffe zuzuordnen.

Weil wir für die meisten Objekte die gleichen Begriffe wie unser Umfeld verwenden, erscheint es uns, als ob wir uns "verstehen". Doch in dem sprachlichen Bereich, in dem es nicht mehr um "Objekte", sondern um z. B. Gefühle oder Gedanken oder Interpretationen von Zusammenhängen geht, merken wir im Laufe der Jahre, wie unterschiedlich wir Menschen denken, fühlen und vor allem auch kommunizieren.

Welches Gefühl bezeichnet ein Mensch mit dem Begriff "Liebe"?

Was bedeutet für jemanden "Beziehung", "Gesellschaft", "Gemeinschaft", "Sympathie" - oder "Empathie"?

Interessant ist, dass wir Menschen bestimmten Gefühlen einen Namen gegeben haben, wie z. B. "Liebe", und uns dann irgendwann auf die Suche machen wollen, um herauszubekommen, was "Liebe" eigentlich ist ...

Was ist "Empathie" eigentlich genau? Oder besser: Wer ordnet welchen Gefühlen oder Zuständen oder Zusammenhängen den Begriff "Empathie" zu?

Wie führt unsere unterschiedliche Benutzung von Sprache zu Missverständnissen?

Wie kann man diese Unterschiedlichkeit integrieren und immer empathischer damit umgehen?

Wie definieren wir in dieser Empathie-Schule "Empathie" und warum definieren wir es so?

Einführung in die vier Empathie-Säulen dieser Empathie-Schule.

 

 

Für das Lesen des kompletten Vortrags hier unten:

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Richtwert: zwischen 1,- und 5,- € pro Vortrag/Training - kann gerne auch unter- oder überschritten werden. Leserinnen oder Leser mit hohem Einkommen oder Vermögen bitten wir, sich tendenziell am oberen Richtwert zu orientieren.

Möchtest du nichts überweisen, dann gehört das für uns auch dazu. Du bist herzlich dazu eingeladen, den Text hier unten trotzdem zu lesen.

Überweise freiwillig auf folgendes Konto: NeuroSonanz Jacobsen, Sparda-Bank BW, DE29 6009 0800 0100 6866 70,

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Die ausführliche Begründung und die Hintergründe für unser ungewöhnlich offenes Preissystem findest du hier.

 

Dauer: Zum Lesen dieses Vortrags brauchst du ca. 25 – 35 Minuten Zeit.

 

 

Der komplette Vortrag:

Kompletter Vortrag zum

Ausdrucken (Stand 7.8.2015):

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Hallo!

Ich bin begeistert, dass ihr Interesse an diesem zweiten Vortrag habt!

Herzlich willkommen!

 

Dieser Vortrag hat sich aus meinen Erfahrungen mit den Test-Teilnehmern im Jahr 2014 entwickelt. Ich durfte verstärkt die Erfahrung machen, dass vieles von dem, was ich in meinen damaligen Vorträgen vorgestellt habe, oft missverstanden wurde. Oder ein Teilnehmer war anderer Meinung, legte dann seine Meinung auf den Tisch und ich konnte aufgrund seiner Erklärung wahrnehmen, dass er meine Sichtweise ganz anders aufgefasst hatte.

Unabhängig davon, wie klar ich nach meinem Gefühl einen Zusammenhang erklärte: Ich machte diese Erfahrung immer wieder. In fast jeder Veranstaltung erlebte ich, dass meine Erklärungen beim Publikum teilweise anders ankamen und wir in Diskussionen abschweiften, wie verschiedene Begriffe "eigentlich" definiert sind.

Auch meine Absichten, die hinter meinen Worten steckten, wurden öfter falsch gedeutet - meistens negativer als sie eigentlich gemeint waren.

 

Mir wurde dadurch besonders deutlich, wie unsere Sprache / wie unsere Kommunikation im Bereich Empathie eine ganz große Rolle spielt, eine Hauptrolle (und nicht nur da!).

Und deswegen widme ich diesem Thema gleich an zweiter Stelle einen ganzen Vortrag.

 

Lasst uns zunächst einmal damit beginnen, hier an die Tafel zu schreiben, was für Synonyme ihr dem Begriff "Empathie" geben würdet. Was versteht ihr unter Empathie? Welche anderen Begriffe fallen euch zum Thema "Empathie" ein?

Falls jemand schon viel im Internet darüber gelesen hat und sich jetzt nicht trauen sollte, Begriffe aufzuzählen, weil er ja schon vorinformiert ist: nur zu. Beweist euch selbst, an wie viele Begriffe aus dem Internet ihr euch jetzt noch erinnern könnt.

 

Sammeln von Begriffen aus dem Publikum und Aufschreiben dieser Begriffe auf die Tafel.

 

Ihr seht, wie unterschiedlich dieser Begriff Empathie von euch zugeordnet wird.

 

Wenn wir bei einem Begriff im Alltag oder in unserer Gesellschaft so eine Unterschiedlichkeit erleben, dann neigen wir Menschen oft dazu, einmal genauer nachzuforschen, was denn nun dieser Begriff wirklich wirklich bedeutet!
Es gibt so viele verschiedene Bedeutungen für "Liebe" – so dass Philosophen und Wissenschaftler immer mal wieder nachdenken oder erforschen wollen, was denn nun wirklich wirklich „Liebe“ ist. Obwohl wir Menschen ja selbst den Begriff erfunden haben.

 

Schauen wir uns mal ganz grob die Entwicklung unserer menschlichen Sprache an. Folgendes wissen wir alle: Zuerst gab es die Körper- und Zeichensprache – wie z. B. bei Bienen, die durch einen bestimmten Tanz den anderen Bienen zeigen, wo es die tollsten Blütenfelder gibt.
Entsprechend zu der Körper- und Zeichensprache gaben in der Evolution die Tiere irgendwann bestimmte Laute von sich – wie wir es von Affen kennen, wenn sie schreien oder andere Laute von sich geben.
Irgendwann entwickelte sich dann unsere menschliche Sprache daraus, mit der wir heute hauptsächlich kommunizieren.

Das Wichtige daran ist jetzt: Eine Sprache ist kein "natürlicher Instinkt". Wenn ein Mensch wie Tarzan allein im Dschungel unter Tieren aufwächst, würde er nicht irgendwann automatisch eine menschliche Sprache entwickeln. Sondern er muss die Sprache im Laufe seines Lebens im Kontakt mit seinem Umfeld erlernen und passt sich damit seinem gegenwärtigen Umfeld an - d. h. er lernt die Sprache, die sein Umfeld spricht, um mit genau diesem Umfeld kommunizieren zu können.
Da es auf dieser Welt unterschiedliche Kulturen gibt, gibt es auch unterschiedliche Sprachen.
Und so ist es auch innerhalb einer Sprache.
Jeder Mensch wächst in einem andere Umfeld mit anderen Menschen auf, die alle auf unterschiedliche Weise ihre Sprache benutzen - und so entwickelt jeder Mensch für sich selbst die Sprache, mit der er sich am besten mit seinem aktuellen Umfeld verständigen kann.

Da unterschiedliche Menschen Sprache unterschiedlich benutzen, gibt es auch immer wieder unterschiedliche Deutungen und deswegen auch Missverständnisse untereinander.
Das zeige ich mal.

 

Vortrag 2 Folie 1


Unsere Eltern zeigten uns verschiedene Objekte und gaben uns die Bezeichnung dazu ("Das ist ein Aauutoo").

So lernten wir, den Objekten wie „Auto“ oder „Flugzeug“ oder „Fahrrad“ usw. entsprechende Begriffe zuzuordnen.

 

Vortrag 2 Folie 2

 

Weil wir für die meisten Objekte die gleichen Begriffe wie unser Umfeld verwenden, erscheint es uns, als ob wir uns "verstehen", wenn wir miteinander reden. Doch in Wirklichkeit gibt es immer nur Annäherungen und Ähnlichkeiten – aber niemals 100%ige Übereinstimmungen. Jedes Gehirn ist anders. Ich habe es auf dieser Folie oben mal versucht darzustellen.
Jeder stellt sich beim Begriff „Fahrrad“ ein anderes Fahrrad vor.

 

Noch viel schwerer wird es in dem Bereich, wo es nicht mehr um "Objekte" geht, sondern um z. B. Gefühle oder Gedanken oder Interpretationen von Zusammenhängen. Da merken wir im Laufe unserer vielen Lebensjahre, wie unterschiedlich wir Menschen denken, fühlen und vor allem auch kommunizieren.

Wie gesagt, habe ich dies während der Entwicklung des Empathie-Konzepts mit Hilfe vieler Menschen, die das Konzept getestet haben, am stärksten erfahren. Das, was damals bei den Vorträgen und Seminaren am meisten passiert ist: Wir mussten immer wieder neu darüber reden, wie wir verschiedene Begriffe unterschiedlich verstehen und verwenden.

Neu war es mir nicht, dass wir Menschen uns missverstehen. Jeder von uns kennt es. Dass es aber so extrem ist, wird mir erst in den letzten Jahren bewusst - und seitdem erkenne ich es überall wieder.

Wie schwer müssen es dann die Politiker in der internationalen Kommunikation miteinander haben, wenn sie sich versuchen zu verständigen und zu einigen. Ich bin mir sicher, dass Missverständnisse dabei eine große Rolle spielen, auch wenn es in den Medien so gut wie gar nicht zur Sprache gebracht wird. Ganz im Gegenteil: In der Berichterstattung wird versucht, die Zusammenhänge so schlüssig wie möglich darzustellen und dem Zuschauer oder Leser möglichst einsichtig rüberzubringen.

Aber welche große Rolle die Missverständnisse dabei spielen, geht ziemlich unter.

 

Vortrag 2 Folie 3

 

Welches Gefühl bezeichnet beispielsweise ein Mensch mit dem Begriff  "Liebe"?

Was bedeutet für jemanden "Beziehung", "Gesellschaft", "Gemeinschaft", "Sympathie" – oder eben "Empathie"?

 

Viele Menschen fragen: "Was ist Empathie eigentlich genau?"

Sie fragen nach einer objektiven Bedeutung.
Da wir Menschen aber selbst die Sprache entwickelt haben und selbst Worte zuordnen, sollten wir meiner Meinung nach besser fragen:
"Wer ordnet in welchem Zusammenhang welchen Gefühlen oder Zuständen den Begriff 'Empathie' zu?"

Auch wenn es dadurch sehr komplex wird - es erscheint mir doch die "stimmigere" Frage.

 

 

 

Vortrag 2 Folie 4

 

Oder noch anders: Was meinte der Philosoph und Psychologe Theodor Lipps in seinen Werken mit dem Begriff „Einfühlungsvermögen“, den der Psychologe Edward Bradford Titchener im Jahr 1912 zum ersten Mal mit  „Empathy“ ins Englische übersetzte? Und was stellte sich Titchener während seiner Übersetzung darunter vor?

Wenn ein Mensch in der Gegenwart diesen Begriff Empathie verwendet, müssen wir uns immer fragen: Welche Bedeutung gibt derjenige dem Begriff jetzt gerade?
Und in welchem Zusammenhang setzt er ihn ein?

 

Wenn wir auf diese Weise an den Begriff „Empathie“ herangehen und unsere Gesellschaft genauer beobachten, können wir feststellen, dass er von vielen Menschen – auch in der Wissenschaft – sehr unterschiedlich eingesetzt und mit verschiedenen Bedeutungen versehen wird.

 

Vortrag 2 Folie 4-1

 


Wie kann man diese Unterschiedlichkeit integrieren und empathisch damit umgehen?

 

Ich kann mir folgendes bewusst machen:

Wenn ich einem Menschen etwas beschreibe, zeigt ihm sein innerer Gehirn-Bildschirm IMMER etwas anderes als das, was ich ihm sage!

Auch jetzt, während ich diesen Vortrag halte und euch Bilder zeige. Es gibt immer nur Ähnlichkeiten zwischen unseren Gehirnen – und letztendlich bemühen wir uns immer, eine möglichst ähnliche Ähnlichkeit zu finden. Aber Hundertprozentigkeit ist in diesem Bereich nicht möglich.

Die vielen Missverständnisse zwischen Menschen kommen im Fernsehen am deutlichsten zum Vorschein, wenn Menschen miteinander in Talkshows diskutieren. Die Teilnehmer missverstehen sich untereinander, sie unterstellen sich gegenseitig "falsche" Dinge, sie verstehen die Fragen des Moderatoren falsch etc.

 

 

Vortrag 2 Folie 5

 

Mein Vorschlag ist, sich für den Alltag eine Eselsbrücke zu bauen: Stellt euch vor, dass jedes Gehirn eines Menschen genauso strukturiert ist wie sein Gesicht. Denn in den Gesichtern erkennen wir immer die Unterschiede zwischen uns Menschen (jeder sieht anders aus) – und so können wir die Unterschiede auch gleich auf das Gehirn dieses Menschen übertragen. Es gibt Ähnlichkeiten, so wie die Tatsache, dass die meisten Menschen Augen, Nase und Mund haben – und so gibt es auch Ähnlichkeiten im Gehirn. Aber letztendlich unterscheiden sich die Gesichter immer in ihrer Feinstruktur, so dass wir die unterschiedlichen Persönlichkeiten der Menschen wahrnehmen können.
Also noch einmal die Denkhilfe als Eselsbrücke: Jedes Gehirn eines Menschen ist so strukturiert wie sein Gesicht (oder sein Körper). Und da er anders aussieht als wir selbst, denkt und fühlt er auch immer anders.

 

(Das Folgende ist ein Ausschnitt aus meinem Buch "Meine Eltern sind schuld!":)

Leider gibt es in unserer heutigen Gesellschaft ein großes Hindernis, füreinander Verständnis und Mitgefühl zu entwickeln: Fernseh- und Kinofilme – und sogar Oper und Theaterstücke, letztendlich auch Romane. Warum?
Alle Spielfilme und sonstigen Inszenierungen haben etwas gemeinsam. Sie sind in einem bestimmten Bereich alle gleich. Und weil wirklich alle Filme so sind, verführen sie uns dazu, dass wir diesen Bereich mit in unsere Realität nehmen, dass wir uns unbewusst an diesen gemeinsamen Bereich anpassen. Auch wenn wir Filme als „Fiktion“ verstehen und uns immer bewusst sind, dass wir „nur“ einen gemachten Film anschauen, schleicht sich dennoch eine einzige Tatsache tief in unser Unterbewusstsein ein und bestimmt unsere Erwartungen: die Tatsache, dass die Dialoge der Figuren im Film oder in anderen Geschichten immer durchdacht sind. Es gibt keinerlei „natürliche Spontaneität“. Selbst Missverständnisse zwischen zwei Menschen sind vom Autor geplant und durchdacht. Jeder Versprecher und jeder Fehler werden rausgeschnitten. Der Zuschauer bekommt nur das vollkommene Endergebnis zu sehen, bei dem die Schauspieler die durchdachten Dialoge perfekt auf den Punkt bringen.
Was fehlt?
„Echte“ Missverständnisse. Missverständnisse, wie sie in unserer Realität passieren – und nicht, wie sie in Filmen durchdacht dargestellt werden. Schauen wir uns unseren Alltag ganz genau an, dann können wir beobachten, dass in fast allen Gesprächen permanent Missverständnisse zu erleben sind. Ich erzähle etwas, mein Gesprächspartner reagiert auf das, was ich erzählt habe, und ich merke aufgrund seiner Reaktion, dass er mich nicht wirklich verstanden hat. Denn seine Reaktion passt nicht direkt zu dem, was ich erzählt habe.
Das größte Gefühl von Verständnis hatte ich einmal mit einem Freund, als wir gemeinsam in Venedig auf einer Brücke saßen und das Feuerwerk über dem Wasser beobachteten – schweigend. Dieses Schweigen gab mir den Rahmen, in die Situation ein Gefühl von Verständnis und von Wellenlänge projizieren zu können. Denn wir wollten beide gerade dasselbe: schweigen. Hätten wir uns unterhalten, dann hätte ich wieder gespürt, wo ich von meinem Gegenüber gerade nicht verstanden werde.
Ich kann mich auch gut daran erinnern, in welchen Situationen ich als Kind Verständnis und Empathie gefühlt habe: Wenn meine Mutter mich schweigend oder singend in den Schlaf geschaukelt oder in den Schlaf gestreichelt hat. Sie war einfach für mich da und ich konnte loslassen – voller Geborgenheitsgefühle. Hier spielte ebenso der Austausch über Sprache keine Rolle.
Sprache legt schonungslos offen, dass wir Menschen uns im Grunde nicht wirklich hundertprozentig verstehen können. Jeder hat sein Gehirn anders vernetzt.

Erfundene Geschichten wecken in uns die Illusion, dass in Gesprächen ein „echtes Verständnis“ möglich ist. Das lässt uns vergessen, dass in Wirklichkeit der Weg zum Verständnis zwischen zwei Menschen immer wieder erarbeitet werden muss. Durch Nachfragen, durch neue, veränderte Erklärungen, durch Korrekturen, eventuell auch durch angenehmen Körperkontakt, wie z. B. eine herzliche Umarmung usw.
Jedes Baby macht die Erfahrung, dass für Eltern immer wieder eine Suche nötig ist: Was will das Baby gerade? Worunter leidet es? Was würde dem Baby helfen?
Diese Fragen sind auch unter Erwachsenen immer wichtig: Was meint der andere gerade? Was will er mir eigentlich erzählen? Welche Wünsche steuern sein Verhalten? Worunter leidet er? Worüber freut er sich? Was begeistert ihn?
Im Film kommt dieser Suchprozess nicht vor. Hier herrscht entweder ein klares Missverständnis, das beim Zuschauer Spannung erzeugen soll, oder ein klares Verständnis. Denn jedes Gespräch und jede Handlung wurden vom Gehirn des Drehbuchautoren durchdacht - verständnisvoll.
Übertragen wir die Klarheit im Film unbewusst auf unseren Alltag, dann werden wir immer unzufriedener mit unserem Umfeld und verlieren die Lust an Klärungsprozessen und an den Versuchen, Verständnis und Empathie für unser Gegenüber zu entwickeln. Wir stellen unser erstes Bild, das wir uns vom anderen machen, nicht in Frage. Wir werden schneller ungeduldig oder werten unklare Menschen ab, wollen mit ihnen nichts zu tun haben, finden sie nervig, anstrengend etc.
Die Wirklichkeit ist: Wir müssen uns Verständnis und Empathie in jeder Situation immer wieder neu erarbeiten – mit Hirn und Herz. Mit Verstand und Gefühl. Es ist niemals so selbstverständlich wie im Kino, im Fernsehen, im Theater, in der Oper oder in Romanen.

(Ende des Ausschnitts aus dem Buch)

 

Also – ich verdeutliche noch einmal, weil es uns im Alltag bezüglich Empathie sehr helfen kann:
Wenn wir davon ausgehen, dass der andere uns verstanden hat, dann erklären wir nicht weiter oder wir fragen nicht weiter oder wir überprüfen nicht weiter. Das bedeutet also, wir hören auf zu suchen – und wenn wir nicht mehr nach einer Verbesserung suchen, verbessern wir auch nichts mehr und gehen oft davon aus, dass jetzt alles passt und der andere verstanden hat. Wir regulieren unsere Realitätsabbildung im Gehirn nicht mehr. Wir bleiben in unserem Entwicklungsprozess "stehen".
Gehen wir aber von Unterschieden aus, dann versuchen wir entweder immer noch weiter, uns einander anzunähern und immer besser verstehen zu können – oder wir können damit rechnen, dass irgendwo ein Missverständnis auftauchen wird, und sind darauf vorbereitet.


Ich komme zurück zu dem Begriff "Empathie".

Aus dem Grund, dass jeder alles unterschiedlich sieht, fügen wir den vorhin aufgeführten Variationen von Empathie noch eine weitere Bedeutung hinzu:

Vortrag 2 Folie 6

Wir setzen in dieser Empathie-Schule NeuroSonanz den Begriff „Empathie“ als Sammelbegriff für alle Empathie-Definitionen ein, die es gibt. Empathie ist, was jeder einzelne Mensch in einem bestimmten Moment als Empathie bezeichnet. Diese Definition gibt dem Begriff eine Weite und gleichzeitig eine Unbestimmtheit. Das bedeutet: Wir müssen uns in jedem Moment, in dem wir Menschen miteinander den Begriff „Empathie“ verwenden, darüber abstimmen, was jeder Einzelne unter Empathie versteht.

 

Ganz schön kompliziert, oder?


Aber genau hier beginnt für mich die Praxis der Empathie: Wir Menschen werden uns bewusst, dass wir uns sprachlich stark voneinander unterscheiden, so dass wir immer erst einmal verstehen müssen, was wir selbst unter einem Begriff verstehen, als auch wie unser Gegenüber seine Sprache gerade verwendet. Wir beginnen also, nach Verständnis zu suchen. Verständnis für uns selbst und für unser Gegenüber.

 

Vortrag 2 Folie 7

 

 

 

Um über weitere Aspekte von Empathie kommunizieren zu können, haben wir uns unter diesem großen Empathie-Dach (= alle Definitionen, die es gibt) vier Empathie-Säulen herausgesucht und definieren sie wie folgt:

 

 

Vortrag 2 Folie 8

 

 

1. Selbst-Empathie = Verständnis für sich selbst

Wir wollen uns selbst immer besser verstehen lernen, unsere Gefühle, Gedanken und Verhaltensmuster. Welche unbewussten Ziele stecken dahinter? Je besser wir uns selbst verstehen, desto besser können wir auch Zusammenhänge in anderen Menschen nachvollziehen.

Zu diesem Verständnis zählen wir auch das "Sich-selbst-fühlen-Können". Je besser wir in uns selbst hineinfühlen können oder je besser wir in unseren Körper hineinfühlen können, je besser unsere Empfindungen für uns selbst sind, umso besser verstehen wir uns und unseren Körper.

2. Resonanz zum Umfeld

Wir wollen immer klarer die Resonanz in unserem Gefühl zu anderen Menschen fühlen können. Wie wollen uns in unserem Gefühl von anderen Menschen "anstecken" lassen. Und wir wollen diese Resonanz gut von unseren eigenen Gefühlen unterscheiden lernen. Je klarer die Resonanz, umso klarer unsere Fähigkeit des Nachfühlens, umso klarer unser Einfühlungsvermögen in andere Menschen (in Stellvertreterrollen bei Aufstellungen ist dies am besten zu lernen).

3. Kognitive Empathie = Verständnis für andere

Wir wollen immer besser andere Menschen verstehen können, mit unserem Verstand logisch erklären können, was die Ziele des anderen Menschen sind, was hinter seinen Verhaltensweisen und Entscheidungen steckt und warum seine Ziele zu ganz bestimmten (Ab-)Wertungen führen.

4. Prosoziales Verhalten (Mitgefühl, Achtsamkeit, Versöhnung)

Wir wollen trainieren, mit unserer Selbst-Empathie, mit unserer Fähigkeit zur Resonanz als auch mit unserer Logik insgesamt mitfühlend und liebevoll und gewaltfrei umgehen zu können. Wir wollen ein "prosoziales" Verhalten ausbauen.

 

Zusätzlich kombinieren wir diese vier Punkte mit der Achtsamkeit auf uns selbst, ob wir uns dabei auch immer mit uns in Einklang befinden. Empathie soll also nicht unsere eigene Zufriedenheit eingrenzen, sondern im Gegenteil die Zufriedenheit und damit auch unsere Lebensfreude zur vollen Entfaltung bringen.

 

Resonanz ist stärker als Glücksgefühle oder Freiheitsgefühle!

Ich biete die Realität an, dass dies immer gilt.

Wenn ich mich mit mir selbst glücklich fühle und ich stehe dann im Kontakt mit einem anderen Menschen, dem ich für sein Problem zur Verfügung stehe, dann fühle ich die Resonanz zu seinem Problem. Ich nehme sein Problem in meinem Gefühl wahr - spüre also Ungleichgewichte. Mein Glücksgefühl ist dann erst einmal nicht mehr spürbar.

Das ist vollkommen natürlich. Warum?

Zur Verdeutlichung ein Beispiel mit unseren Augen: Wenn ich mit meinen Augen auf eine farbige Fläche schaue, vielleicht auf ein schönes Hellblau, dann nehme ich auch Hellblau wahr. Sage ich dann aber zu mir, dass ich orange sehen will und schaue weiter auf das Hellblau, dann nehme ich auch weiter das Hellblau wahr.

Erst wenn ich meine Augen auf eine orangene Fläche richte, kann ich orange wahrnehmen.

Oder ich schließe die Augen und stelle mir in Gedanken "orange" vor.

 

Übertragen auf unsere Gefühlswelt:

Bin ich gefühlsmäßig im Kontakt mit dem Problem eines Menschen, dann nehme ich dieses Problem (Hellblau) in meinem Gefühl auch wahr (= Resonanz). Will ich aber Glück (Orange) wahrnehmen und bleibe weiterhin in Kontakt mit dem Problem (Hellblau) des anderen, dann nehme ich in meinem Gefühl auch weiterhin das Problem (Hellblau) wahr - und nicht das Glück (Orange).

Erst wenn ich Kontakt zu einem glücklichen Umfeld (Orange) herstelle, nehme ich auch Glück (Orange) in meinem Gefühl wahr. Oder ich distanziere mich innerlich von meinem problematischen Umfeld (wie beim Augenschließen) und stelle mir dann mein Glück in Gedanken vor, das ich dann auch fühlen kann.

Ich kann darüber zufrieden sein, intensiv mit einem anderen Menschen in Resonanz schwingen zu können, auch wenn es eine problematische Resonanz sein sollte. Ich fühle dann zwar nicht direkt Freude, sondern ich fühle die problematische Resonanz. Aber ich kann dem zustimmen und bin damit in tiefem Frieden = tiefe Zufriedenheit über die Verbundenheit = Einklang mit mir selbst.

 

 

 

Vortrag 2 Folie 9

 

An die Internet-Leser: Bitte lest die ausführliche Beschreibung zu dieser Folie hier nach: Empathie testen

 

 

Vortrag 2 Folie 11

 

 

 

 

Ich gebe Euch ein Spiel für den Alltag mit auf den Weg:

 

Sich die Unterschiede von Menschen bewusst machen

 

Spiel mit sich selbst:

 

a) Beobachte im Alltag absichtlich, wie sich die Gesichter der Menschen voneinander unterscheiden. Zähle still für dich auf, was im einen Gesicht anders ist als im anderen Gesicht.

 

b) Schaue dir einen Menschen an und stelle dir dabei als Eselsbrücke vor, dass sein GEHIRN so ähnlich strukturiert ist wie sein GESICHT.
Dann schaue dir den nächsten Menschen an und stelle dir auch bei ihm vor, wie sein Gehirn seinem Gesicht entspricht.

Oder stelle dir beim Anschauen eines Menschen vor, dass sein Gehirn so ähnlich strukturiert ist, wie sein gesamter Körper.

 

c) Mache dir anschließend bewusst, dass sich die Gehirne und damit die Sichtweisen, Überzeugungen, Projektionen etc. von Menschen genauso voneinander unterscheiden, wie sich ihre Gesichter und Körper voneinander unterscheiden.

 

Wenn du dir immer wieder die Unterschiede bewusst machst, bleibst du mit deinem Umfeld mehr im Fluss, als wenn du alles als „gleich“ oder „ähnlich“ projizierst. (Empathie-Säule 3: Verständnis für Umfeld)

 

Vortrag 2 Folie 5

 

 

 

Nachdenkliches:

Zum Schluss möchte ich Euch einen Zusammenhang zum Nachdenken zur Verfügung stellen und Euch zu einem Gedankenspiel einladen:

Im ersten Vortrag ging es darum, dass wir im Laufe der Jahre Verhaltensmuster aufgrund bestimmter Spielregeln zwischen uns und unseren Eltern oder den damaligen Erwachsenen übernommen haben. Die dahinter stehenden Ziele haben wir in den meisten Fällen vergessen, so dass wir heute nur noch die Verhaltensmuster leben, die "veralteten Spielregeln".

In diesem Vortrag ging es um die Sprache und wie unterschiedlich und individuell jeder Mensch Sprache anwendet.

Wenn ich jetzt beides miteinander kombiniere, dann kommt mir folgender Gedanke:

Die damaligen Spielregeln ("Das ist richtig und das ist falsch") wurden uns oft durch Sprache vermittelt. Dabei bekamen wir meistens den Eindruck, als wenn es "generelle" Spielregeln seien, die wir lernen sollten.

Was ist nun, wenn wir uns bewusst machen, dass diese Spielregeln uns immer nur von einem Menschen vermittelt wurden, der die Ziele und Regeln auf seine ganz individuelle Weise formuliert hat? Und was ist, wenn wir uns bewusst machen, dass wir diese Regeln mit unserem ganz individuellen Gehirn niemals genau so aufnehmen konnten, wie sie der andere eigentlich wirklich gemeint hat? Sondern dass wir daraus unbewusst unsere ganz eigenen "individuellen" Regeln in unserem Gehirn gemacht haben? Denen wir heute noch folgen?

 

Wie denkst du darüber? Und was hat das in deiner Gedanken- und Gefühlswelt für Folgen?

 

Ich setze noch einen komplexen Gedanken oben drauf:

Was wäre, wenn du den Gebrauch von "Sprache" selbst als "eingeübte individuelle Spielregeln" betrachten würdest? Ja - sogar als vergessene Spielregeln? Sprache besteht aus "Verhaltensmustern", deren Spielregeln uns inzwischen unbewusst geworden sind - oder die wir vielleicht sogar nie kannten, weil wir diese Verhaltensmuster einfach von unserem Umfeld übernommen haben.

 

Was hat dieser Gedanke für Folgen, wenn du ihn bis zu Ende denkst?

 

 

 

So - das war heute wieder viel reichhaltiges Material und ich hoffe und wünsche, dass ihr auch viel damit anfangen könnt und es euch auf eurem empathischen Weg intensiv unterstützen kann.

 

Bis zum nächsten Mal!

 

 

 

Wenn du die ausführlichen Inhalte aller Veranstaltungen wie ein Buch nacheinander in der von uns vorgeschlagenen Reihenfolgen lesen möchtest, folge dem Link hier unten:

 

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